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Das Bildarchiv verfügt über 30-40.000 Medien und ist zahlenmäßig der umfangreichste Sammlungsbestand des Zentralmuseums für den Westerwald. Etwa 15.000 Einheiten sind als historisch wertvolle Bildträger anzusehen. Sie bilden das Herzstück des kulturellen Bild-Erbes des Westerwaldes („KUBE“), das fotografische Dokumente von etwa 1850 bis 1980 umfasst.

In der jüngeren Vergangenheit richtete das Museum seinen Sammlungsschwerpunkt auf die Ergänzung von Glasplattennegativen. Dieses durch Bruch und Entsorgung stark gefährdete Kulturgut konnte in den vergangenen 15 Jahren auf etwa 6.000 Einheiten aufgestockt werden.

Das historisch bedeutsame Bild-Erbe („KUBE“) besteht inzwischen aus

  • einzelnen Porträtfotos des 19. Jahrhunderts,
  • dem Altbestand des Westerwald-Vereins aus der Zeit um 1900,
  • dem Foto- und Negativbestand des Laienfotografen Valentin Altmann von 1906 bis ca. 1930,
  • dem historischen Archiv der Kreisbildstelle aus den 1930er Jahren und späterer Zeit bis etwa 1980
  • sowie diversen Kleinbeständen aus privaten Nachlässen.

Ziel des Bildarchivs ist die Sammlung und Erhaltung historischer Bildträger der gesamten Region sowie deren Digitalisierung, Erforschung, Publikation und Präsentation. Seit einigen Jahren gehen die Bestrebungen dahin, die weitgehend im „Verborgenen“ schlummernden Bildträger allen Besucher*innen durch Ausstellungen, im Internet, besonders aber auf den Monitoren des neuen multimedialen „Bildraums“ im Museumseingang vorzustellen. Momentan stehen digital etwa 4.500 Aufnahmen zur Verfügung.

Kurzcharakteristik der größeren Konvolute des Archivs:

Strassenszene in Hadamar um 1910 WW VDer Altbestand des Westerwald-Vereins übermittelt meist bauliche und landschaftliche Sehenswürdigkeiten der Region. Die mehr als 300 Papierabzüge hatte der Verein bei örtlichen Berufsfotografen in Auftrag gegeben. Fotografien sollten touristischen Informationsbroschüren und Druckschriften einen seinerzeit neuartigen Anstrich verleihen. Zum ersten Mal erschienen diese Fotos in der Neuausgabe des „Großen Westerwald-Führers“ von 1907. Von 1908 an schmückten sie die Beiträge in der vereinseigenen Zeitschrift „Westerwalder Schauinsland“. (Foto:Straßenszene aus Hadamar, um 1910)

002 Turner um 1910Zur gleichen Zeit begann der 14jährige Valentin Altmann (1891–1967) aus Niederelbert bei Montabaur, der gleichfalls die Bedeutung des neuen Mediums „Bild“ erkannt hatte, Personen und Ereignisse mit seiner Stativkamera festzuhalten. Dabei entstanden Aufnahmen von bemerkenswerter Intensität. Das überquellende Reservoir seiner Fotos bildet das umfangreichste und facettenreichste Spektrum zur bildlichen Überlieferung hiesiger Alltagsgeschichte aus der Ära vor 1918 und dem Jahrzehnt danach. (Foto: Turner um 1910, signierter Bildkarton)

thumb 003 Cover AltmannEine Auswahl von mehr als 300 seiner Fotografien ist im Bildband „LebensArt – Die Bilderwelt des Valentin Altmann“ zusammengefasst, den das Museum im Oktober 2020 veröffentlichte. Aus der Motiv-Vielfalt des außergewöhnlichen Laienfotografen erwuchs hier eine Kulturgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts, voller Lebensnähe und von hoher künstlerischer Qualität. (Foto: Titelbild LebensART)
„LebensART“ – Die Bilderwelt des Valentin Altmann. Foto-Ausstellung mit Begleitbuch.

thumb 005 Kartoffelernte um 1910Ein Querschnitt der schönsten Fotos wurde der Öffentlichkeit zeitgleich in einer raumfüllenden Galerie-Ausstellung vorgestellt.

Fotostrecke Galerie-Ausstellung

 

thumb 007 a piece of the rhineEinen weltweit einzigartigen Sonderbestand in Altmanns Bildschaffen machen die 400 aus dem Leben gegriffenen Fotos amerikanischer Besatzungssoldaten aus, die das Straßenbild seines Heimatdorfes vom Dezember 1918 bis zum Juli 1919 beherrschten. Auch hierzu hat das Museum eine umfassende historische Monografie herausgegeben, die in Verbindung mit einer vielbeachteten historischen Ausstellung präsentiert werden konnte.

Begleitbuch: "A Piece of the Rhine"


thumb 009 US Funker Niederelbert 1918Fotostrecke Ausstellung A Piece of the Rheine

Die Fotos der ehemaligen Kreisbildstelle, die 2005 in das Bildarchiv des Museums integriert wurden, stammen zum überwiegenden Teil von seinem ersten Leiter, dem Lehrer, Regierungs- und Schulrat Georg Gerlach (1899-1961). Das „Gerlach-Archiv“ umfasst schätzungsweise 5-6000 Aufnahmen aus insgesamt 40 Themenbereichen.

011 Keramiklager Hoehr Grenzhausen

Foto: Lagerplatz mit gestapelten Keramik-Gefäßen

Dabei ist heute nicht mehr nachvollziehbar, wieso der Fotograf verschiedene Bildträger wie auch Bildformate verwendete. Neben den damals standardmäßigen Glasnegativen mittlerer Größe liegen manche Abbildungen auch als schwarz-weiß-Negativ im Kleinbildformat, als schwarz-weiß-Dia oder selten auch als Farb-Dia(!) vor.

Gerlach besaß offenbar ein Gespür für Motive und Einzelheiten, die für nachkommende Generationen einmal interessant werden könnten. So lichtete er z.B. bauliche Überreste am römischen Limes ab, Boden- und Naturdenkmale, Naturschutz-Einrichtungen, charakteristische Landschaftsabschnitte, prosperierende Wirtschaftsbetriebe der Basalt- und Tonindustrie, keramische Handwerksstätten genauso, wie ihre Produktionsabläufe und deren Produkte, Fern- und Dorf-Straßen, Schulen und ihre damals propagierten Nutzgärten, oder etwa Exponate des ehem. Kreisheimatmuseums in Montabaur. Vieles davon existiert heute nicht mehr. 

012 Mogendorf Autobahnbau um 1940

Foto: Autobahn bei Mogendorf um 1940

Aus dem umfangreichen Vorkriegsmaterial legte die Kreisbildstelle viele Jahre nach Gerlachs frühem Tod eine Bildkartei an. Die circa 1750 Motive spiegeln überwiegend Gebäude und Ortsansichten wider; hatte Gerlach doch solche Aufnahmen aus mehr als 100 Ortschaften hinterlassen. Wie sich später im Museum herausstellte, gab es neben den aufgeklebten Papierbildern aber zusätzlich mindestens ein weiteres Negativ zum gleichen Objekt.

013 Haus aus Bilkheim 1930er

Foto: Fachwerkhaus in Bilkheim

thumb 014 Alter Ern um 1935In der Regel hatte der Fotograf sein Augenmerk dabei auf andere Außenseiten des Hauses gerichtet oder speziell auf hauskundliche Details. Ja, Gerlach hat sich sogar nicht davor gescheut, Innenräume fotografisch festzuhalten und der Nachwelt damit äußerst seltene, sozialgeschichtlich besonders wertvolle Abbildungen zu überliefern. Bei der Erstellung der Bildkartei sind solche Varianten weitgehend unberücksichtigt geblieben. Nach und nach werden diese Funde nun digitalisiert und zugänglich gemacht.

Foto: Alter Ern

Gerlachs nahezu flächendeckende Dokumentation von Fachwerkhäusern einer Region in ein und demselben Zeitschnitt dürfte in dieser Dichte einmalig sein und enthält ergiebiges, bislang nicht ausgeschöpftes Forschungspotential!

Über den „Gerlach“-Bestand hinaus birgt das Archiv der ehemaligen Kreisbildstelle einen umfangreichen Anteil neuerer Fotografien. Zum einen gehört ein halbes Tausend freigegebener Luftbildaufnahmen aus den 1970er Jahren dazu, sodann Hunderte gerahmter Dia-Positive. Die interessanten Abbildungen zeigen meist Ortschaften, Festveranstaltungen und Sehenswürdigkeiten und dürften zwischen etwa 1960 und 1980 entstanden sein.

015 Basaltabbau Stoeffel um 1970

Foto: Basaltabbau im Stöffel, um 1970

Neben den skizzierten Bildgruppen existieren noch einige andere. Zum Teil sind das Fundstücke, die, von Berufsfotografen zurückgelassen, von einem aufmerksamen Bürger in einer rechtzeitig eingeleiteten „Notbergung“ gerettet werden konnten und an das Bildarchiv kamen. Auf diese Weise gelangte das Landschaftsmuseum in den Besitz von ungefähr 400 Porträtaufnahmen aus dem Atelier des Berufsfotografen Remy, Höhr-Grenzhausen. Aufgrund der Vorgeschichte weisen viele der Glasplatten Beschädigungen auf und beinhalten relativ stereotype Atelier-Aufnahmen von unbekannten Personen. Da sie jedoch aus den Vorkriegsjahren rühren, gehören sie zum Kreis schützenswerter Kulturgüter und besitzen heute Seltenheitswert.

Zum anderen handelt es sich um kleinere Glasplatten-Nachlässe hobbymäßig fotografierender Familienangehöriger aus Privatbesitz. Sie entstanden während der 1920er Jahre und der Folgezeit und gewähren Einblicke in das Alltagsleben des örtlichen Mikrokosmos. Erwähnenswert sind darüber hinaus einige Bildserien von Abbau-Arbeiten in Basalt-Steinbrüchen um 1960 mit z. T. spektakulären Ausblicken auf Tiefen des Basalt-Tagebaus und auf Säulenwände von enormer Höhe! Noch seltener vielleicht sind 100 Glasplatten von Anlagen und Innenansichten aus Siegerländer Eisenhütten, die ein ungenannter Fachmann um 1930 zur bildlichen Ausgestaltung seiner deutschlandweit präsentierten Vorträge verwandte. Aus der gleichen Zeit rühren ca. 150 Glasplatten-Aufnahmen von westerwälder Tonwaren und tonverarbeitenden Werkstätten.

Eine eigene Quellengruppe stellt der hauseigene Papierbildbestand auf ungefähr 3000 Bildkarten dar. In 30 Bildordnern thematisch untergliedert, befinden sich darunter sowohl Originalabzüge als auch eine Anzahl von Reproduktionen.

016 Erbacher Bruecke im Bau um 1912

Foto: Erbauung der Erbacher Brücke 1911/12